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Hallo liebe Kunstfreunde,
die Zeit zwischen 1900 und dem Beginn des ersten Weltkrieges war in der Kunstgeschichte sicherlich die bedeutsamste. In diese Zeit fällt die Entwicklung des Expressionismus und die Entstehung der abstrakten Malerei. Wir haben in den letzten Sendungen darüber gehört, über die Entstehung des Fauvismus in Frankreich, über die Brückemaler und die Künstler des blauen Reiters.
Heute nun wollen wir uns mit einem Kapital der Malerei befassen, das in Frankreich um 1907 begann und bis zur Mitte der zwanziger Jahre dauerte. Die Rede ist vom „Kubismus“, und es sind vor allem zwei Namen, die mit dieser neuen Form der Malerei in Verbindung gebracht werden müssen: George Braque und Pablo Picasso. Der Name Kubismus stammt vom lateinischen Wort Cubus, was Würfel bedeutet. Der Kubismus ging von dem Gedanken aus, dass jeder Gegenstand auf einfache geometrische Körper wie zum Beispiel Zylinder, Quader, Kegel und Kugel zurückführbar ist. An sich war dieser Gedanke nicht neu. Schon Paul Cezanne hatte festgestellt: "Alle Formen in der Natur lassen sich auf Kugel, Kegel und Zylinder zurückführen.“ 1907 gab es in Paris eine große Gedächtnisausstellung mit Werken von Cezanne. Auch schon früher hatten sich viele Künstler mit seinen Werken auseinandergesetzt. In manchen Bildern konnte man schon einen regelmäßigen Auftrag der Farbe in Form von rechteckigen Flächen erkennen. Dabei blieb jedoch das natürliche Aussehen des Motivs erhalten. Cezanne beschäftigte sich mit der Darstellung von Volumen allein durch die Farbe und die Kombination von flächenhafter und räumlicher Wirkung; oft wiederholte er deshalb die Bilder, schuf immer wieder Variationen ein und desselben Motivs, um zu neuen Erkenntnissen zu kommen: Den Gebirgszug Sainte-Victoire in seiner Heimat malte er unzählige Male. Angeregt von dem Gedanken, die Natur in geometrische Urformen und Urkörper zerlegen zu können, begannen einige Künstler, ein Motiv nicht mehr wirklichkeitsgetreu abzubilden. Dies taten die Impressionisten früher und die Expressionisten jetzt zwar auch nicht, aber bei Ihnen war immer noch eindeutig zu erkennen, was ein Bild darstellen sollte. Außerdem war für die Expressionisten das Bild ein Emotionsträger; die Farben und ihre Wirkungen waren extrem wichtig; bis auf Kandinskys, der sich der Abstraktion zuwandte, blieben die Bilder immer noch Darstellung von etwas, was es gab.
Kubisten hingegen zerlegten das Darzustellende in Einzelteile, mischten diese Teile neu, stilisierten sie und setzten sie auf andere Art und Weise zusammen. Es setzte Vorstellungskraft voraus, den Gegenstand des Bildes zu erkennen. Besser gesagt: den Gegenstand wiederzuerkennen. Im Gegensatz zur abstrakten Malerei, die keinen Gegenstand kennt, versuchte der Kubismus, bekannte Gegenstände neu zu betrachten und neu zu formulieren. Man ging davon aus, dass jeder Gegenstand ein Wesen hat, etwas, was ihn auszeichnet. Dadurch, dass man ihn verändert oder neu zusammensetzt, wird dieses Wesentliche ergründbar oder sichtbar. Nur, was ist dieses Wesentliche? Wie kann man es darstellen? Die alten Ägypter griffen auf die Methode zurück, von jedem Gegenstand die charakteristische Ansicht darzustellen. Sie verzichteten dabei auf jedes Detail und den Raum. Ihre Abbildungen hatten keine Tiefe. Nun, wir wissen auch, dass die Künstler aller späteren Zeiten sich bemühten, mit diesem Grundproblem der Malerei fertig zu werden: Tiefe und Raum auf einer Fläche herzustellen. Der Kubismus war ein Versuch, diesen Widerspruch zwischen Fläche und Raumschaffung nicht zu vertuschen, sondern ihn für neue Wirkungen auszunutzen. Die Kubisten beschäftigten sich also nicht mit politischen oder gesellschaftlichen Zuständen, wie es z.B. die deutschen Expressionisten taten, sondern sie hatten mit ihren Werken rein künstlerische Ziele.
Während zur gleichen Zeit also die Expressionisten mit der Kraft der Farben experimentierten, beschäftigten sich die kubistischen Maler mit der Konstruktion, mit den Formen; sie galt es zu modellieren, um ganz neue Wirkungen eines Bildes herzustellen. (Violine, Braque) Wenn wir an irgendeinen Gegenstand denken, zum Beispiel an eine Geige, so sehen wir diese Geige mit unserem geistigen Auge ganz anders, als wir sie in Wirklichkeit sehen. Wir haben Erinnerungen an ihr Aussehen, an ihren Korpus, an ihren Klang, an ihre Form, an ihr Material; und würden wir eine Geige aus verschiedenen Perspektiven betrachten, von vorn, von hinten, von oben oder unten, auf einem Tisch liegend oder an einer Wand hängend, gehalten von einem Musiker usw., so sind uns diese verschiedenen Ansichten oft gleichzeitig gegenwärtig. Manche Details wie die Saiten, der Bogen, der Schneckenhals sind uns dabei deutlicher vor Augen als andere Teile. Es kann also sein, dass wenn wir eine Geige nur von der Seite betrachten, die Resonanzlöcher oder den Bogen oder die Krümmung der Zargen gar nicht sehen, wie es also bei einer Fotografie der Fall ist, dennoch wissen wir, dass es diese Bestandteile gibt – und dass wir sie aus anderer Perspektive auch sehen könnten.
Die Kubisten schufen jetzt Bilder, die diesem Umstand Rechnung trugen: Sie zerlegten einen Gegenstand in Einzelteile und Fragmente, verstreuten diese Teile auf der Leinwand, versteckten sie teilweise oder veränderten ihre Größe, schufen neue Gewichtungen, setzten Fragmente einfach neu zusammen oder zeigten einen Gegenstand gleichzeitig auf einer Fläche aus verschiedenen Perspektiven.
Natürlich hat diese Methode der Bildherstellung einen Nachteil, dessen sich die Erfinder des Kubismus bewusst waren: man konnte nur bekannte Gegenstände abbilden; wer das kubistische Bild einer Geige verstehen will, muss erst wissen, wie eine Geige aussieht, denn sonst kann es ihm nie gelingen, die verschiedenen Fragmente richtig aufeinander zu beziehen. Die Kubisten wählten aus diesem Grund auch gewöhnliche Gegenstände, die jeder kennt: Gitarren, Flaschen, Schalen mit Früchten oder die menschliche Gestalt, um es dem Betrachter zu ermöglichen, die Teilansichten leicht zu erkennen und aufeinander zu beziehen.
Man mag, wenn man etwas konservativ eingestellt ist, das Ganze vielleicht für eine intellektuelle Spielerei halten; für ein Künstler-Spiel, das Spaß machen kann oder auch nicht. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass viele unbedarfte Besucher einer kubistischen Ausstellung den Bildern skeptisch oder ratlos oder gar ablehnend gegenüberstehen; dass eher die Berühmtheit eines Picasso und die Preise seiner Bilder sie angelockt haben. Unbestreitbar ist jedoch, dass die Erforschung der bildnerischen Mittel und Möglichkeiten für alle späteren Künstler bedeutend waren und die Kunstrichtungen des 20. Jahrhunderts beeinflussten, obwohl der Kubismus nur kurze Zeit dauerte.
Man kann die kubistische Phase der Malerei in unterschiedliche Perioden einteilen:
Der Frühkubismus
Als erstes kubistisches Bild gilt „Les Demoiselles d'Avignon“ von Pablo Picasso. Es entstand 1907, noch bevor man vom Kubismus als eigene Kunstrichtung sprach. Die abgebildeten Frauen sind mit blockartigen Körperformen dargestellt, auch der Hintergrund ist in geometrische Flächen gegliedert. Stoff wird nicht fließend sondern auch kantig und geometrisch dargestellt. Die Flächen sind deutlich voneinander abgegrenzt. Man sieht die Figuren aus verschiedenen Blickwinkeln, zB das Gesicht von vorne und die Nase im Profil. Die Gesichter wirken maskenartig, zum Teil kann man Einflüsse von afrikanischen Masken erkennen, bei der Frau rechts oben ist das Gesicht schon mit einer Hundeschnauze vergleichbar. Die natürlichen Proportionen werden verzerrt und die Wirkung von Licht und Schatten nicht berücksichtigt. Der Raum ist nicht perspektivisch dargestellt.
Picasso und George Braque arbeiteten zusammen und entwickelten Cézannes Grundprinzipien weiter. Sie waren der Meinung, dass Cézanne in seinen Bildern den Raum nicht vollständig erfasste, weil er das Motiv von einem Punkt aus ansah. Erst wenn der Maler das Motiv von mehreren Seiten betrachtete, konnte er den Raum und den Körper des Motivs darstellen. Daher begannen Picasso und Braque, mehrere Ansichten in einer Darstellung zusammenzufassen. Beispielsweise konnten sie durch die Abbildung eines Gesichts von vorne und im Profil mehr Informationen über sein Aussehen festhalten, diese Darstellung widersprach aber den konventionellen Sehgewohnheiten. Im Gegensatz zu den traditionellen Malern bildeten die Kubisten – wie schon gesagt - nicht das ab, was sie sahen, sondern das, von dem sie wussten, dass es existiert. Durch die verschiedenen Blickwinkel gab es auch keine Zentralperspektive mehr, zum Teil überlagerten sich die verschiedenen Ansichten. Körperformen wurden schroff und grob gegliedert dargestellt, die Bilder waren in größere Farbflächen aufgeteilt. Alltägliche Gegenstände wurden für Stillleben verwendet, die zwar auf geometrische Grundformen zurückgeführt wurden, aber trotzdem noch deutlich zu erkennen waren.
Von den traditionellen Malern wurde der Kubismus anfangs abgelehnt, besonders die Darstellung aus verschiedenen Blickwinkeln wurde kritisiert.
Der analytische Kubismus
„Analyse“ bedeutet „systematische, gliedernde Untersuchung“. Im analytischen Kubismus wurde das Motiv in kleine geometrische Formen zerlegt, es wurde kein Unterschied zwischen Hintergrund und Motiv gemacht. ( Stillleben mit Geige, Picasso) Körper und Raum wurden völlig zergliedert, häufig gab es keinen Schwerpunkt auf dem Bild mehr sondern ein gleichmäßiges Netz von Flächen und Linien. Während dieser Phase verwendeten die Künstler hauptsächlich gedämpfte Farbtöne wie Braun, Grau, Grün und Ocker. Die Farbe war ihnen weniger wichtig als der Inhalt des Bilds und die Auseinandersetzung mit den Formen. Auf eine räumliche Wirkung wurde meist verzichtet. Im Gegensatz zu den Bildern der Anfangsphase waren nicht mehr deutliche Quader- oder Zylinderformen zu erkennen, sondern eher zweidimensionale Formen. Es gab keine Lichtquelle mehr, die das Bild einheitlich in beleuchtete und unbeleuchtete Flächen aufteilte, sondern nur hellere und dunklere Farbflächen. Die Künstler begannen auch, Buchstaben und Zahlen in ihre Bilder einzufügen.
Häufige Motive waren, wie schon erwähnt, Stilleben, jedoch auch Landschaften und Porträts, wie z.B. das „Bildnis Ambroise Vollard“ von Picasso, ein Portrait seines Galeristen. Man kann zwar die Gesichtszüge noch erkennen, doch ist das ganze Bild von geometrischen Linien durchschnitten, die Konturen der Figur sind nicht genau vom Hintergrund abgegrenzt. Im Gegensatz zu den Stilleben der Anfangsphase, wo mehrere Gegenstände aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen waren, wurde jetzt oft ein einziges Motiv aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Der analytische Kubismus spaltete das Motiv schließlich so stark auf, dass man kaum noch Anhaltspunkte für den Inhalt erkennen konnte. Man sprach auch vom „hermetischen Kubismus“. Hermetisch bedeutet verschlossen, verschlüsselt und nicht entzifferbar. Einzelne Details waren mehrmals, über das ganze Bild verteilt, zu sehen und verschiedene Gegenstände überschnitten sich. Die „übereinandergelegten“ Flächen bezeichnete man als „Plans superposés“. Obwohl die Bilder abstrakt wirkten, so gingen die Maler aber immer noch von einem Gegenstand als Grundmotiv aus. Die Abstraktion war nicht das Ziel der kubistischen Malerei.
Der synthetische Kubismus
Diese Phase dauerte nur wenige Jahre, sie wurde neben Braque und Picasso auch von Juan Gris und Fernand Léger beeinflusst. „Synthese“ bedeutet Verbindung einzelner Teile zu einem Ganzen. Es wurde nicht mehr ein Motiv in geometrische Formen zerlegt, sondern abstrakte Formen wurden zu einem Motiv zusammengesetzt. Ein Ausspruch von Juan Gris macht diesen Unterschied deutlich: "Machte der analytische Kubismus aus einer Flasche einen Zylinder, so wird nun im synthetischen Kubismus aus einem Zylinder eine Flasche produziert."
Eine neue Entwicklung war auch die Collage, das Klebebild. Neben gemalten Gegenständen wurden Zeitungsseiten, Tapeten, Buntpapier, Packpapier usw. aufgeklebt . Dadurch wurde auch bei abstrakteren Bildern wieder ein Bezug zur Wirklichkeit hergestellt. Die Collage wurde später von vielen Kunstrichtungen übernommen, z.B. vom Dadaismus, und gilt als wichtige neue Technik der Kunst des 20. Jahrhunderts. Auch die Surrealisten verwendeten das Verfahren.
Aus der Collage entwickelten sich auch dreidimensionale Objekte und Skulpturen.
Die Farben wurden wieder lebhafter, man verzichtete weitgehend auf eine dreidimensionale Darstellung. Im Gegensatz zu den in kleine Flächen aufgegliederten Bildern des analytischen Kubismus wurden wieder größere, einheitliche Flächen gemalt bzw. aufgeklebt. Es wurden auch z.B. Holzmaserung oder Druckbuchstaben nachgeahmt. Die Formen und Farben wurden klarer, gemalte Farbflächen wurden auch wie ausgeschnittene Papierstücke gegeneinandergesetzt. Die Vermischung von Vorder- und Seitenansicht wurde auch im synthetischen Kubismus weitergeführt, auf dreidimensionale Ansichten verzichtete man meist.
Der orphische Kubismus
Der orphische Kubismus oder Orphismus ist eine Sonderform, die parallel zum analytischen Kubismus entstand. Er wurde von dem Schriftsteller Apollinaire und den Farbtheorien des Chemikers Chevreul geprägt. Apollinaire malte zwar selbst nicht, vertrat den Kubismus aber als einer der ersten in der Öffentlichkeit. Besonders Robert Delaunay, von dem wir in der letzten Sendung hörten, und seine Frau Sonja beschäftigten sich mit dem Orphismus. Typisch sind Kreisformen in bunten Farben. Nur durch die Farben sollte die Wirkung eines Bildes entstehen. Robert Delaunay verwendete oft den Eiffelturm als Motiv, von Sonja stammen zahlreiche abstrakte Werke, die sie auch auf Textilien wie Seide ausführte.
Die kubistische Bildhauerei
In der Bildhauerei beschäftigten sich neben Braque und Picasso unter anderem Raymond Duchamp-Villon oder Alexander Archipenko mit dem Kubismus. Sie reduzierten Köpfe und Figuren auf wenige geometrische Grundelemente. Archipenko schuf als einer der ersten Künstler auch abstrakte Plastiken. Picasso erforschte in Skulpturen aus verschiedenen Materialien wie Holz, Metall und Papier die räumlichen Grundlagen für die kubistische Malerei. Bekannt ist seine Bronzeplastik „Frauenkopf“, die zum analytischen Kubismus gezählt wird.
Wichtige Vertreter des Kubismus
Pablo Picasso
Der Spanier Pablo Picasso wurde anfangs vom Jugendstil und vom Spätimpressionismus beeinflusst. Schon als Jugendlicher malte er ausstellungsreife Bilder. Er ging nach Paris und beschäftigte sich mit den aktuellen Kunstrichtungen und den Werken von Cézanne, Toulouse-Lautrec, Degas usw. In der sogenannten „blauen Periode“ stellte er hauptsächlich Elend, Krankheit und Armut dar, die Farbpalette beschränkte sich immer mehr auf Blautöne. Die Bilder zeigen eine melancholische Grundstimmung. Während der „rosa Periode“ wurden die Farben wieder vielfältiger, Motive waren Menschen aus der Zirkuswelt wie Gaukler, Artisten und Harlekins.
Später begann sich Picasso mit afrikanischen und iberischen Skulpturen zu beschäftigen. Diese Einflüsse sind auch in „Les Demoiselles d´Avignon“ zu erkennen. Gemeinsam mit Georges Braque entwickelte er den Kubismus weiter und schuf auch kubistische Skulpturen, sogenannte „Konstruktionen“. Anfangs entstanden wenige kubistische Bildhauerarbeiten, erst als Picasso mit Collagen begann, wandte er sich ihnen wieder mehr zu. Häufige Motive waren dabei Musikinstrumente, z.B. „Konstruktion: Violine“, die aus ausgeschnittenem, gebogenem und bemaltem Blech und Draht besteht und eine Violine durch Rechteck- und Quaderformen darstellt. Die Skulptur wirkt dabei schon eher abstrakt. Bei seinem Studium afrikanischer Plastiken erkannte Picasso als Grundlage die Aneinanderreihung von einzelnen Volumenformen.
Diese Erkenntnisse verwendete er z.B. auch in dem Porträt seiner Lebensgefährtin Fernande „Frau mit Birnen“, bei dem das Gesicht in verschiedene Partien gegliedert ist. Die Teile des Gesichts wie Lippen, Kinn usw. werden als gewölbte Körper dargestellt. Das Bild ist jedoch noch nicht so stark zergliedert wie spätere Bilder des analytischen Kubismus, z.B. das „Bildnis Ambroise Vollard“ und hat auch noch lebhaftere Farben.
Das Bild „Drei Musikanten“ gilt als Höhepunkt des synthetischen Kubismus. Picasso verwendete dabei zum ersten Mal eine Personengruppe als kubistisches Motiv. Die Person auf der linken Seite stellt einen Pierrot dar, sie besteht aus weißen, blauen und braunen eckigen Flächen. Man kann Augen, Nase und Hände erkennen, er spielt ein flötenähnliches Instrument. Vor ihm befindet sich eine braune Fläche mit mehreren kleinen Formen darauf, sie könnte einen Tisch darstellen. Die Person in der Mitte ist ein Harlekin, er trägt ein Kostüm aus roten und gelben Dreiecken und hält eine Gitarre in der Hand. Man kann Augen, Nase und die schwarze Kopfbedeckung erkennen. Im Gesicht befindet sich eine schwarz-weiß karierte Fläche. Die Person rechts stellt einen Mönch dar, er trägt eine schwarze Kutte mit einer spitzen Kapuze und hält ein Blatt mit Noten in den Händen. Das Gesicht und der Bart sind grau. Der Hintergrund des Bildes ist braun und stellt einen viereckigen Raum dar. Man kann auch ein Tier mit braunem Fell erkennen, das links hinter den Personen liegt und zur Seite blickt. Die drei Personen sind gerade von vorne zu sehen, sie bestehen zum Großteil aus eckigen Flächen in klaren Farben und füllen den Großteil des Bilds aus. Zum Teil kann man einzelne Flächen nicht genau zuordnen. Obwohl es sich um ein Ölbild und nicht um eine Collage handelt, wirkt es wie aufgeklebtes Buntpapier. Schatten und plastische Wirkung ist nicht vorhanden, nur der Hintergrund hat räumliche Tiefe.
Nach der kubistischen Phase arbeitete Picasso gleichzeitig in verschiedenen Stilen, er schuf auch viele Skulpturen und Keramiken. Die Skulpturen entstanden zum Teil aus gefundenen Abfallgegenständen. In den Bildern sind zeitweise Einflüsse aus dem Surrealismus und auch Motive aus der Antike zu erkennen. In einigen Werken ging er auf die Ereignisse des Krieges ein, z.B. das bekannte Bild „Guernica“, das auf die Bomardierung und Zerstörung der Stadt Guernica hinweist. Er war bis ins hohe Alter sehr produktiv und erreichte große Anerkennung.
Georges Braque
Georges Braque begann als Dekorationsmaler, später studierte er in Paris und wurde von den Werken Cézannes beeinflusst. Er schloss sich den Fauvisten an.
Dann änderte sich sein Stil, er begann er mit kubistischen Landschaftsbildern und Stilleben und arbeitete mit Picasso zusammen. Im analytischen Kubismus verwendete er erstmals Buchstaben und das Motiv der Musikinstrumente in seinen Bildern. Später während des synthetischen Kubismus stellte er auch zahlreiche Collagen her, sogenannte „Papiers collés“ (zusammengeklebtes Papier). Er verwendete in seinen Collagen auch sogenannte „Augentäuschungen“, dabei wurden Stoffe imitiert. Durch die Collage bekam er die Möglichkeit, Farbe und Form zu trennen. Seiner Meinung nach stellte das die große Entdeckung in der Collage dar. Typisch sind ausgewogene, aufeinander abgestimmte Farbkombinationen. Neben Picasso gilt er als führender Vertreter des Kubismus.
Nach dem ersten Weltkrieg brach der Kontakt zu Picasso fast ab, er arbeitete jetzt wieder mehr mit der Farbe als Ausdrucksmittel. Es entstanden viele Atelier-, Landschafts- und Vögelbilder; zahlreiche Graphiken und auch Bühnendekorationen. Er arbeitete mit Juan Gris zusammen und schuf farbige Gipsreliefs und Skulpturen. Seine späten Werke haben oft wieder realistische Züge.
Juan Gris
Der Spanier Juan Gris schuf anfangs Arbeiten im Jugendstil, er fand in Paris Anschluss an Pablo Picasso. Er beschäftigte sich mit dem Kubismus nicht nur in seinen Bildern, sondern hielt auch Vorträge und schrieb Texte über das Konzept des Kubismus und die Möglichkeiten der Malerei. Viele theoretische Überlegungen und Entwicklungen zum synthetischen Kubismus stammen von ihm. Er ging in der Entwicklung seiner Werke methodisch und logisch vor, dadurch wirken die Bilder oft eher streng, zB „Stilleben auf einem Tisch“. Ein großer Teil seiner kubistischen Bilder sind Stilleben. Er stellte auch Buchillustrationen und Bühnendekorationen her und malte in seiner späteren Phase zahlreiche Aquarelle. Seine Werke erhielten erst spät Anerkennung.
Fernand Léger
Fernand Léger begann mit impressionistischer Malerei und kam dann zum Kubismus. Neben Gemälden schuf er auch Film-, Bühnen- und Wanddekorationen. In seinen Bildern kamen häufig Maschinenteile, Zahnräder usw. vor. Während der zwanziger Jahre gestaltete er auch menschliche Figuren wie Maschinen oder technische Konstruktionen, er hatte eine positive Einstellung gegenüber den neuen Entwicklungen der Technik. Typisch für seine Werke sind Röhrenformen und eine eher einfache Farbgebung, oft nur in den Grundfarben Blau, Gelb und Rot. Diese Merkmale kann man deutlich in seinem Bild „Frau mit Vase“ erkennen. In seinen späteren Werken stellte er Figuren wieder menschlicher dar und malte auch wieder landschaftliche Motive, auch surrealistische Themen kommen vor. Er beeinflusste auch die Plakatkunst.
Auch Franz Marc setzte sich mit dem Kubismus auseinander, kubistische Einflüsse kann man z.B. in seinem Bild „Füchse“ erkennen, das ich schon in der letzten Sendung vorgestellt habe.
Liebe Kunstfreunde,
ich möchte an dieser Stelle doch noch einmal kurz auf George Braque und Picasso eingehen, auf die Beziehung der beiden. Und auf André Derain, über den wir schon in einer vorigen Sendung sprachen…
Ende des Jahres 1907 sah Braque das Bild die Demoiselles d’Avignon in Picassos Atelier im Bateau-Lavoir. Das Bateau-Lavoir war ein verwahrlostes Haus auf dem Montmartre in Paris. Der Name des Hauses ging in die Kunstgeschichte ein, da um die Wende zum 20. Jahrhundert eine Gruppe von später berühmt gewordenen Künstlern dort gelebt und Ateliers gemietet hatte. Einer der Bewohner war Picasso, der dort von 1904 bis 1909 mit seinem Hund Frika lebte. Hier malte er die ersten kubistischen Werke, und auch sein Gemälde Les Demoiselles dメAvignon entstand an diesem Ort. Das Atelierhaus Bateau-Lavoir kann daher als Geburtsort des Kubismus bezeichnet werden. Außerdem fanden Kees van Dongen, Otto Freundlich, Pablo Gargallo, Juan Gris, Max Jacob, Amedeo Modigliani, Pierre Reverdy und André Salmon hier ihre bezahlbare Unterkunft in dem sonst teuren Paris. ( Übrigens Modigliani: Nach Aussagen seiner Tochter Jeanne hat ihr Vater einmal im Bateau-Lavoir eines Nachts in betrunkenem Zustand eine Anzahl Bilder von befreundeten Malern zerstört. Es scheint dort oft hoch hergangen zu sein… ) Das Haus war ein Treffpunkt vieler bekannter Personen der damaligen Avantgarde, wie beispielsweise Guillaume Apollinaire, Georges Braque, Henri Matisse, Jean Cocteau und Gertrude Stein, die die dort lebenden Künstler besuchten.
George Braque also sah Picassos Bild und seine erste Reaktion war negativ: „Mit ihren Bildern wollen Sie anscheinend bei uns das Gefühl erwecken, Stricke schlucken und Kerosin trinken zu müssen.“ Auch Henri Matisse und André Derain, häufig zu Gast, äußerten sich zunächst ablehnend. Aber -von nun an wurde in Picassos Atelier über seine weiteren Arbeiten und die Braques aus dem Fischerdorf L´Estaque, die im Sommer 1907 entstanden, heftig diskutiert, oft unter der Teilnahme Derains. Braque erinnerte sich später: „Es dauerte nicht lange, und ich tauschte mich täglich mit Picasso aus; wir diskutierten und prüften die Ideen des anderen, […] und verglichen unsere jeweiligen Arbeiten.“ Die nun beginnende gemeinsame Schaffensperiode der beiden Künstler erlangte durch den Ausdruck „la cordée“ (die Seilschaft) Berühmtheit. Ihre Zusammenarbeit war derart eng und partnerschaftlich, dass sie sich mit den Brüdern Wright, den Flugpionieren, verglichen und deshalb wie Mechaniker kleideten… (Heute erkennt man einen Künstler an seinem aus der Mode gekommenen Hut, den er trägt – aber meist sind es keine bedeutenden Künstler, die so herumlaufen, nur über Beuys lässt sich streiten…)
Während Picasso seine Arbeiten selten öffentlich zeigte, präsentierten George Braque und André Derain im März 1908 ihre neuen Werke im Salon der Unabhängigen (Salon des Indépendants) – Über André Derain als ein Hauptvertreter der Fauvisten neben Matisse und über die Rolle der Salons haben wir in früheren Sendungen oft gesprochen, deshalb gehe ich hier nicht nochmals darauf ein…) Die Schriftstellerin und Kunstsammlerin Gertrude Stein berichtete: „Wir […] sahen […] zwei große Bilder, die sich ziemlich ähnlich sahen. Das eine ist von Braque, das andere von Derain, […] Die Bilder erschienen uns fremdartig, mit seltsam geformten Figuren wie aus Holzblöcken.“[
Verdächtigte Picasso Braque im Frühjahr noch, seine Arbeiten verwerten zu wollen, ohne den Zusammenhang mit dem Urheber zu kennzeichnen, so verglichen sie im Herbst 1908 ihre im Sommer geschaffenen Werke. Die Bilder waren merkwürdig ähnlich, etwa Maisonette dans un jardin von Picasso (links) und Häuser in L´Estaque von Braque.
Der Herbstsalon (Salon d’Automne) lehnte eine Ausstellung der Bilder von Braque 1908 ab, aber sie wurden in der Galerie Kahnweiler gezeigt. Die Ausstellung eröffnete am 9. November 1908, ein Tag nach Ende des Herbstsalons. Sie erregte in Künstlerkreisen viel Aufsehen. Louis Vauxcelles brachte die Werke in seiner Kritik vom 14. November 1908 als erstes mit dem Begriff der „cubes“ in Verbindung. Er schrieb: „Braque verachtet Formen, reduziert alles […] auf geometrische Grundformen, auf Kuben.“ Einige Monate später nennt er diesen Stil „kubistisch“ und Ende 1909 ist dieser Ausdruck bei allen Malern und Kritikern in Gebrauch.
André Derain erläuterte später einmal: „Man hat den Kubismus mathematisch, geometrisch, psychoanalytisch zu erklären versucht. Das ist pure Literatur. Der Kubismus hat plastische Ziele. Wir sehen darin nur ein Mittel, das auszudrücken, was wir mit dem Auge und dem Geist wahrnehmen, unter Ausnützung der ganzen Möglichkeiten, die in den wesenhaften Eigenschaften von Zeichnung und Farbe liegen. Das wurde uns eine Quelle unerwarteter Freuden, eine Quelle der Entdeckungen.“
Durch den Kontakt mit Picasso und Braque war Derain zwar in dem Augenblick, als sich der Kubismus entwickelte, in Tuchfühlung mit ihren Gründern, jedoch gab er sich dem Kubismus nie ganz hin. Er war bereits unzufrieden mit seinem kubistischen Vorstoß, dessen Wildheit mit seiner eigenen Natur nicht in Einklang stand und zerstörte 1908 all jene Arbeiten, die zu vertreten ihm widerstrebten. So berichtet Kahnweiler in seinem Buch Der Weg zum Kubismus aus dem Jahre 1920, Derain hatte „eine ganze Reihe von Kompositionen mit lebensgroßen Figuren geschaffen. Einige davon stellte er in den Indépendants aus – so einen Stier, ein Bild mit Badenden. Die Badenden wurden glücklicherweise angekauft und sind uns so erhalten geblieben. Alle anderen hat Derain im Jahre 1908 verbrannt.“
Für Pablo Picasso war der Ausgangspunkt des Kubismus, den „uralten“ Widerstreit eines Gemäldes aufzuheben: der Veranschaulichung der Form – die Darstellung des Dreidimensionalen und seiner Lage im Raum – auf der zweidimensionalen Fläche unter Wahrung der Einheit der Werks. Oder mit Picassos Worten gesagt: „Kubismus ist nie etwas anderes gewesen als dies: Malen um der Malerei willen, unter Ausschluss aller Begriffe von nicht wesentlicher Wirklichkeit. Die Farbe spielt eine Rolle in dem Sinn, dass sie zur Darstellung der Volumen hilft.“ Braque und Picasso verließen so den Weg, die größtmögliche Naturwahrscheinlichkeit – die „wirkliche“ Form und die „wirkliche“ Farbe – des Darzustellenden zu bewahren.
Braque schloss sich nach der XXV. Ausstellung des Salon des Indépendants im Jahre 1909 der Entscheidung Picassos an, nicht mehr im Salon auszustellen. Die Arbeiten Picassos, die zuvor bereits selten öffentlich zu sehen waren, und Braques waren nur in den Galerieausstellungen bei Kahnweiler und Ambroise Vollard präsent. Zwischen 1908 und 1913 signierten Picasso und Braque ihre Bilder entweder überhaupt nicht oder nachträglich nur auf der Rückseite. Sie waren von dem Wunsch geleitet, den Charakter des Persönlichen auszuschalten. - Erstaunlich, wenn man weiß, wie eitel und auch neidische Künstler sein können...
Im Winter und im Frühjahr 1914 arbeiteten beide Künstler wieder in Paris. Auf den engen Kontakt lassen die Titel der Arbeiten schließen: z.B. Stillleben mit Herz-As (Braque) und Weinglas mit Kreuz-As (Picasso). Im Juni brach Braque zu einer Fahrradtour auf, deren Ziel das Sommerhaus in Sorgue war. Dort erwarteten ihn bereits Picasso und André Derain. Picasso hatte mit Eva im benachbarte Avignon ein Haus bezogen. Nach der Kriegserklärung Österreichs an Serbien wurden Braque und Derain zum Kriegsdienst eingezogen, Picasso war als Spanier nicht wehrpflichtig.
Am 2. August 1914 wurden beide Maler von Picasso zum Bahnhof von Avignon gebracht. Picasso äußerte später, dass er Braque seither niemals wieder gesehen hätte. Im Dezember 1914 zeigte Alfred Stieglitz' in seiner Galerie in New York zwanzig Bilder von Braque und Picasso aus der Sammlung von Francis Picabia.
Nach 1914
1915 wurde Braque bei einem Fronteinsatz am Kopf schwer verwundet. Nach langer Rekonvaleszenz in Sorgue kehrte er im Frühjahr 1917 nach Paris zurück und begegnete häufig Juan Gris. Zu Picasso hatte er keinen persönlichen Kontakt mehr. Er entfernte sich vom Kubismus und entwickelte einen eigenen Stil, bei dem er vornehmlich Stillleben malte. 1922 wurde Braque eingeladen, in einem eigenen Raum an der Ausstellung des Salon d’Automne teilzunehmen. Er verkaufte sämtliche 18 ausgestellten Arbeiten.
Am 31. August 1963 starb der Künstler in seiner Pariser Wohnung.
Ausstellungshinweise
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